Am Sonntag Morgen sind wir in Toronto in den Zug «The Canadian» eingestiegen. Beim Einsteigen hatten wir die Anweisung, in der Kabine auf die Instruktion eines Zugbegleiters zu warten und anschliessend mal den Zug zu erkunden. Der Zug ist beträchtlich lang, schätze 200 Meter, wobei sich unsere Kabine im vorderen Drittel befindet. Wir haben eine Kabine für 2 Personen mit eigener Toilette und einem Wasserbecken. Die Kabine mag zwischen 10 und 12 m2 gross sein. Als Sitzgelegenheit gibt es zwei verschiebbare Stühle. In jedem Waggon befindet sich auch eine Duschkabine. Pro Wagon gibt es 6 geschlossene Kabinen sowie einige Sitz- und Schlafplätze, welche in der Nacht mit Vorhängen unterteilt werden. Nach 4 Waggons kommen jeweils ein spezieller Waggon. Der Wagon hat ein Abteil für allgemeinen Aufenthalt sowie eine Aussichtskuppel. Ein Waggon in der Zugsmitte ist die Bordküche mit Restaurant. Im Restaurant wird in 3 Schichten gegessen, wir haben uns für Schicht 1 angemeldet. Die Kabinen sind nicht abschliessbar und könnten jederzeit von fremden Personen betreten werden.

Die Schlafgelegenheit ist ein Kajüten Bett, welches jeden Abend heruntergeklappt wird. Selbst habe ich keine Probleme mit der oberen Schlafgelegenheit und komme auch mit der schmalen Treppe gut zurecht, doch einige Mitpassagiere beklagten sich über unruhige Nächte. Auch ist nicht jeder gewohnt, über solch schmale und steile Treppe zu seinem Schlafplatz zu steigen.
Interessant ist auch das Volk, welchem man auf dieser Fahrt begegnet. Zu unserer Reisegruppe gibt es auch viele andere Passagiere aus verschiedensten Ländern. So begegnete ich am ersten Tag im Kuppelwagen zwei Schweizer Ehepaare, welche mit dem gleichen Zug, doch nicht in unserer Gruppe mitreisen. Es gibt auch viele Kanadier, welche sich diese Zugsfahrt als Ferien gönnen. Einige Kanadier äussern sich recht ungehalten über die Politik des aktuellen US – Präsidenten. Aber auch viele Engländer und Schotten fahren mit. Sogar US – Amerikaner leisten sich diese Reise. Die «exotisten» Passagiere ist wohl ein Paar aus Zaire europäischer Abstammung.

Der Zug fährt sehr unregelmässig, mal schneller, mal langsamer. Energietechnisch nicht wirtschaftlich, da der ganze Zug immer wieder abgebremst werden muss und auch zum Anfahren Energie braucht. Oft hält er mitten auf der Strecke an, um einen Gegenzug passieren zu lassen. Nicht alle Bahnhöfe werden bedient, doch es kann vorkommen, dass er mitten im Wald anhält, um Passagiere mit ihren Paddelbooten und Proviantkisten auszuladen. In der Regel steht dann ein einzelnes Haus im Wald in Nähe eines des zahlreichen Sees, die Bahnstation. Der Zug hat keinen starren Fahrplan, das hat uns schon die Reiseleiterin erklärt. Die Ankunftszeit in Jasper, unserer Endstation könne um Stunden variieren, je nachdem wie viele Güterzüge unterwegs sind.
Am ersten zwei Reisetage fuhren wir über den kanadischen Schild, eine bewaldete, steinige, hüglige Gegend mit viel Gewässer. Ehemals Land der Huronen, die Lederstrumpferzählungen von James Cooper kommen in Erinnerung. Die Geschichte des letzten Mohikaners hat sich ja dort abgespielt. Ohne die vielen Seen könnte man denken, man befinde sich in einem der deutschen Mittelgebirge. Doch allzu dicht besiedelt ist die Gegend nicht, ab und zu sieht man ein Haus. Der Wald ist unseren mitteleuropäischen Wäldern ähnlich. Auffällig die schlanken Nadelbäume, sie haben nicht so lange Äste wie bei uns. Einige Laubbäume beginnen sich zu verfärben.

Der dritte Reisetag führte über die Prärie oder was von ihr noch geblieben ist nach Edmonton. Grosse Getreidefelder, es sollen auch viele Ukrainer dort siedeln. Das Bahntrassee wurde auch immer unruhiger, es gab Streckenabschnitte, da fühlte man sich wie bei einem Rodeo. Mühsam war das wenn man gerade beim Essen war. Zum Glück ist der Zug alte, bewährte Stahlkonstruktion, denke dass eine neue Leichtbauart schon längst Schaden genommen hätte.

Am dritten Morgen wurde auch das Zugspersonal ausgewechselt. Beim ersten Teil der Reise bestand das Zugspersonal aus vielen jungen Leuten. Nun kam ein Team an Bord, wo die meisten Mitarbeiter zwischen 30 und 45 Jahren zählen mochte. Doch schon die Küche erreichte nicht mehr die Raffinessen des ersten Kochs, auch die Bedienung war nachlässiger wie beim jungen Team. Schade.

In der Nacht fuhren wir durch Edmonton. Die Rocky Mountains kommen näher. Noch eine kurze Strecke und morgens um 7h ohne Frühstück stiegen wir in Jasper aus dem Zug. Interessanterweise waren alle Passagiere recht froh, die engen Verhältnisse des Zuges zu verlassen, so angenehm die Reise auch war.
