Schon öfters war ich auf diesem Berg, doch immer zu kälteren Jahreszeiten. Berühmt geworden durch seine Saurierfunde denkt man kaum an seine spezielle Flora. Doch im Juli blüht dort auch der Schwarze Germer, welchen ich noch nie gesehen. In der Schweiz blüht diese Pflanze nur im untersten Tessin in der Region Mendisio. Auch die äusserst seltene Drüsenglocke soll am Monte San Giorgio auffindbar sein. Ein Grund mehr, doch einmal diesen Berg (1097 M.ü.M.) zu warmer Jahreszeit zu besuchen.
Schattige Aufstiege wären von Brusio oder Riva San Vitale möglich gewesen, doch ich entschied mich auf kürzerster Strecke zum Gipfel zu steigen. Also fuhr ich mit dem Postauto nach Meride und stieg über die „Transamazonica“ hoch. Nein, das ist nicht der offizielle Name dieses Bergweges, er wurde von mir so benannt. Ein Bergweg von erstaunlicher Breite, sicher früher als Transportweg benutzt, voll von Bollensteine, mühsam im Auf- wie Abstieg, doch der kürzeste Weg von Meride zum Gipfel. Im Winter kann der Weg recht tückisch sein, wenn Schnee und Eis unter einer Laubschicht liegen. Man staunt, dass solch eine Strasse früher ins Nichts angelegt wurde, gibt es doch keine Alpwirtschaft an diesem Berg. Doch man sollte nicht vergessen, dass früher ölhaltiges Gestein wie auch Marmor in dieser Gegend gebrochen wurde. Ja, das ölhaltige Gestein führte auch zu den Saurierfunden, welche den Berg so bekannt machten. Im kleinen Meride gibt es gut getarnt ein Museum, welches vom Tessiner Stararchidekten Botha geplant wurde, wo diese berühmten Saurier ausgestellt sind. Nicht nur in der erdölreichen USA gibt es Saurierfunde, nein auch die kleine Schweiz hat was zu bieten, in etwa im gleichen Grössenmassstab zur Landfläche.


Selbst war ich ja auf der Suche nach dem Schwarzen Germer. Bis Höhe Cassina ging ich durch Wald und sah nichts. Auf der Waldlichtung Cassina sah ich die ersten Germer – Pflanzen, jedoch noch nicht in Blüte. Weiter aufsteigend fand ich immer mehr der gesuchten Pflanze, aber keine am blühen. Auf der Höhe von 1000 Meter über Meer erinnert mich die Gegend des Val Serada immer wieder an den Osttransvaal in Südafrika, die sonnenverbrannten Wiesen, die buschigen Bäume, der verschwommene Blick Richtung Mailand.

Auf dem Gipfel an der Sonne mit Blick auf Lugano und Morcote hatten sich Tessiner Frauen bequem gemacht. Ich zog die schattige Seite am Gebäude vor und stieg nach kurzer Rast wider ab. Ich suchte ja noch die Stelle, welche als Fundort des Schwarzen Germers mir empfohlen wurde. Wohl fand ich den Fundort, doch auch hier war noch keine Blüte zu sehen. Ich wollte weiter Richtung Serpiano, um über Crocefisso nach Meride zurück zu gehen. Plötzlich fand ich an einer sonnigen Stelle, völlig unerwartet, den ersten blühenden Schwarzen Germer. Mich überraschte, wie klein die Blüten waren, dachte ich doch dass sie die selbe Grösse wie der Weisse und der Grüne Germer hätten. Doch die Blüten des Schwarzen Germers sind einiges kleiner, jedoch zahlreicher.


Weiter ging es auf holprigen Bergwegen und ich bedauerte, meine Wanderstöcke zu Hause gelassen zu haben. Zum Glück war ich allein unterwegs und hatte so nicht die Klagen meiner Begleiter zu hören. Ja, meine Knie sind noch in Ordnung. Denke dass die vielen und starken Regenfälle des vergangenen Monats noch ihre Spuren hinterlassen hatten. Nähe Crocefisso kreuzte ich die befestigte Strasse von Meride Richtung Serpiano, entschloss mich doch weiter auf dem holprigen Bergweg zu gehen. Plötzlich stand ich vor den verlassenen Bergwerksstollen, wo früher das ölhaltige Gestein abgebaut wurde. Ja, es kam noch besser. Mitten im Wald auf einer Lichtung stand ein Gebäude, ein Miniaturmuseum, wo man durch Gucklöcher Sauriermodelle betrachten konnte. Bei einem Guckloch sah man ein Bild einer Meerechse von den Galapagos, ein zeitgemässes Bild. Noch habe ich alle Stellen besucht, an welchen man Spuren des früheren Bergwekbaues nachverfolgen kann. Doch ich habe noch ein Projekt, möchte mal von Crocefisso zum Poncione d’Arzo hochsteigen. Dort soll auch die Hundszahnlilie blühen, doch etwas später im Jahr blüht auf dem Poncione auch die äusserst seltene, äusserst dekorative grasblättrige Schwertlilie. Noch habe ich Ziele und Ideen, hoffentlich macht die Gesundheit noch so lange mit.


Durstig kam ich wieder in Meride an, eine gute Viertelstunde bevor das Postauto wieder Richtung Mendrisio fuhr. Also verzichtete ich auf einen kühlen Trunk, denn das Restaurant liegt auf der anderen Seite des Dorfes. Vieleicht beim nächsten Mal, denke nicht dass ich das letzte Mal in Meride war.