Am 10. Oktober war nicht viel los, da ich erneut unter Montezumas Rache litt. Wir beschlossen desshalb, keinen Ausflug zu unternehmen. Sugis Nichte brachte uns das Eisenbahnticket und nahm eine der grossen Koffer mit zur Verwahrung bis wir wieder Korea verlassen. Zur Verpflegung gingen wir im Quartier ein günstiges Restaurant suchen. Als wir für unser Nachtessen unterwegs waren, verloren wir in der Dunkelheit mal kurz die Orientierung. Ich orientierte mich immer an einer grösseren Durchgangsstrasse, Sugi suchte immer eine kleine Parkanlage, wo sie abends zuvor mit ihrer Nichte gesessen war. Doch wir fanden den Weg zum Hotel zurück ohne jemand ansprechen zu müssen. Eigentlich wollten wir Reiskuchen einkaufen, doch am Schluss wurden es vorwiegend Früchte in einem Supermarkt.
Am 11. Oktober war unser Umzug von Hwaseong nach Gosan, wo Sugis Schwester wohnt. Bis 12h hatten wir unser Zimmer zur Verfügung. Nach einem guten Frühstück gingen wir erst im Park spazieren, wobei wir nochmals den Hügel mit dem Pavillon erstiegen. Beim Pavillon tobte sich gerade eine Schulklasse aus. Ja, der Wald im Park wird vielseitig gebraucht. Wir verzichteten auf das Mittagessen und Sugis Nichte fuhr uns zum Bahnhof. Dort bestiegen wir einen modernen Zug wie ein TGV und fuhren in nicht ganz einer Stunde nach Icheon, wo wir in Empfang genommen wurden. Schon bei der Fahrt über das Land änderte sich das Landschaftsbild. Die Hochhäuser wurden niedriger, es gab auf einmal wieder ländliche Häuser. Dann näherten wir uns Gosan und ich hielt Ausschau nach einem alten Tempel, welchen ich anlässlich meines ersten Besuches mit meinem verstorbenen Schwager Seong Ho besucht habe. Beim Tempeleingang stehen zwei dicke hölzerne Säulen. Seong Ho behauptete damals, dass die Säulen so dick seien, dass kein Mann sie umarmen und beide Hände sich berühren können. Doch ich konnte dies tun, was ihn sehr ärgerte. Damit seine koreanische Männlichkeit wieder hergestellt war, nahm er vom Feld einige Paprikaschoten und ass sie. Natürlich sollte auch ich welche essen, doch sie waren mir zu scharf. Darauf antwortete er: „Korean man – little man, but strong man“ und war wieder zufrieden.
Wir fuhren zur Apotheke, welche Sugis Schwester Meong Sook gehört. Kurze Begrüssung, das Geschäft lief weiter. Ich hatte das Gebäude ganz anders in Erinnerung, nachhinein denke ich dass wir über eine ganz andere Strasse nach Gosan gekommen sind. An der Strassenkreuzung gibt es nun drei verschiedene Apotheken, das in einem Dorf mit geschätzten 2000 – 3000 Einwohnern. Sicher kommen auch Kunden der umliegenden Dörfer, aber der Konkurenzdruck ist riesig. Nachdem die Apotheke meiner Schwägerin in Folge der guten Lage auch recht gut lief, bekamen auch andere Lust am Geschäft mitzumachen, eine Apotheke verlegte ihren Platz an diese Kreuzung nachdem der alte Standort im gleichen Dorf nicht so erfolgreich war.
Wir bezogen anschliessend eine Wohnung, welche der Familie gehört, aber wenig benutzt wird. Abends kam uns Meong Sook abholen zum gemeinsamen Nachtessen. Leider achteten wir schlecht darauf, wo sie die Elekrizität abschaltete. Wir gingen schnell durch das eindunkelnde Dorf zu einem grösseren Restaurant, wo man wie in Korea üblich die Schuhe auszog. Dort am Boden lagen auch so Plastikfinken, welche auch einige Koreaner anzogen. Unbewusst zog ich auch solche Finken an und ging damit zu Tisch, ein Fauxpass sondergleichen. Ich wurde dann auch während des Essens von einer Bediensteten deswegen zurechtgewiesen. Auf den Tisch kam das Beste was die koreanische Küche zu bieten hatte, ein Feuertopf voll mit Gemüse, Fleisch, Tintenfisch, Krabben und Glasnudeln. Natürlich hatte ich Mühe mit den Stäbchen, insbesondere die Glasnudeln wollten nicht so recht wie ich es gerne gehabt hätte.
Nach dem Essen gingen wir noch in ein Geschäft, wo wir etwas Lebensmittel sowie eine Jeanshose für mich kauften. In der geschlossenen Apotheke schauten wir, ob die Hose auch passt. Anschliessend wanderten Sugi und ich durch das dunkle Dorf zurück zur Wohnung. Erst hatten wir Mühe, das Gebäude wieder zu finden. Welcher Seitenweg war es schon wieder? Als wir vor der Tür standen, konnten wir sie mit dem Code wohl öffnen, standen jedoch in einem dunklen Loch. Wir suchten überall Licht, erfolglos. Mehrmals gingen wir zum Korridor, welcher automatisches Licht hatte. Bis Sugi sich erinnerte, dass ihre Schwester beim Verlassen der Wohnung hinter der Tür etwas drückte. Siehe da, wir fanden den Hauptschalter und konnen in der Wohnung Licht anzünden. Wir räumten noch etwas auf und gingen dann schlafen. Für mich wurde es eine kühle Nacht, da Sugi immer wieder an der Decke zog. Ich verzichtete komplett auf die Decke und schlief im Schafanzug am kühlen Boden. Wie zu alten Zeiten in überfüllten SAC – Hütten, wo man im Notfall auf, wie auch unter dem Tisch schlief,immer noch angenehmer wie auf den Stühlen. Nun sind einige Tage Gosan angesagt.